Krise beim Kunden – worauf solltet ihr achten?

Die Rahmenbedingungen sind in vielen Branchen seit Corona und dem Ukrainekrieg schwieriger geworden, die Zahl der Insolvenzen zieht in den letzten Monaten wieder an. Und immer mehr von euch berichten von ersten Zahlungsproblemen auch bei langjährigen Kunden. Wie könnt ihr für euch entstehende Risiken frühzeitig erkennen, um eine Krise zu vermeiden?

In einem aktuellen Artikel des Handelsblatts berichtet Nina Jerzy davon, wann es für einen Arbeitnehmer an der Zeit ist den Arbeitgeber zu verlassen. Nach einer Reihe von Gesprächen mit Systemhäusern haben wir dieses Thema einmal aufgenommen und aus der Sicht des Systemhauses auf seinen Kunden betrachtet.

Wann steuert ein Unternehmen wirklich auf den Abgrund zu?

Experten unterscheiden fünf Phasen, die ein Unternehmen vor einer Insolvenz typischerweise durchläuft:

  1. Stakeholderkrise
  2. Strategiekrise
  3. Rentabilitätskrise beziehungsweise Produkt- und Absatzkrise
  4. Ertrags- oder Erfolgskrise
  5. Liquiditätskrise

Grundsätzlich entstehen Krisen nicht über Nacht, sondern stellen eher schleichende Prozesse dar. So ist es auch kaum verwunderlich, dass die ersten Phasen einer Unternehmenskrise oftmals nicht so leicht zu erkennen sind. Und für einen Dienstleister, wie ihr es für eure Kunden seid, erst recht nicht.

Die Stakeholderkrise hat von daher auf den ersten Blick zunächst keine gravierenden Auswirkungen, legt aber den Grundstein für die folgenden Krisen. Hier kommt es zu Konflikten zwischen oder innerhalb bestimmter Gruppen der Firma. Natürlich seid ihr nicht an jedem Kunden eng genug dran, um solche Themen zu erkennen. Achtet darauf, ob es Streit in der Unternehmensleitung gibt, zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat oder aber Zwist mit Banken und wichtigen Lieferanten. In vielen Fällen führen solche Meinungsverschiedenheiten zu Blockaden und Grüppchenbildung. Ein solches Zeichen sollte dann für euch ein erstes Warnsignal sein, um einmal mit eurem Kunden zu sprechen und gegebenenfalls eure Rahmen- und Zahlungsbedingungen anzupassen.

In der Strategiekrise kommen der Verlust von Marktanteilen, mehr Reklamationen und fehlende Marktorientierung und Strategie hinzu. Firmen, die sich in dieser Krisenphase wiederfinden, haben zum Beispiel die Marktentwicklung oder die Wünsche der Kunden falsch eingeschätzt. Somit fehlen wichtige Produkte und Dienstleistungen. Oder interne Prozesse sind unzureichend umgesetzt.

Wird diese Krise nicht überwunden, kommt es zur Produkt- und Absatzkrise. Die Nachfrage bricht ein. Während bis zu diesem Zeitpunkt die Krise für Außenstehende noch nicht zwingend sichtbar sein muss, kommt es nun zur Sichtbarkeit. Lagerbestände bauen sich auf oder Aufträge verzögern sich. Oder der Umsatz reduziert sich. Im Zweifel sind das erstmalig Themen, die ihr auch als Dienstleister mitbekommt. Die Masse der zu verwaltenden Daten reduziert sich? Oder eure Ansprechpartner sind plötzlich viel besser oder gar nicht zu erreichen? Wo möglich, solltet ihr nun einmal ein Blick in die Bilanzen eurer Kunden werfen. Verschlechtern sich Umsatz und Ertrag, ist es Zeit für eine Anpassung der eigenen Zusammenarbeit. Erinnert ihr euch an die Corona-Zeit? Unsere Branche hat stark vom Aufbau der Home-Office-Strukturen profitiert. Bei anderen Branchen, z.B. im Tourismus brach aber die Nachfrage komplett ein….

Krise wird nun stärker sichtbar

In dieser Phase wird gehandelt. Das Unternehmen beginnt zu sparen. Wahrscheinlich werden erste Mitarbeiter entlassen oder es kommt zu Kurzarbeit. Oft werden auch Sonderaktionen, Rabatte und zusätzliche Werbung durchgeführt, um den Absatz zu erhöhen. Ein weiteres Anzeichen kann sein, dass ein Unternehmen plötzlich seine Produktpalette radikal verändern will. Spätestens hier werden auch Gespräche mit den Dienstleistern geführt, da gegebenenfalls neue Leistungen gewünscht oder auch Kosten reduziert werden müssen.

Bis zu diesem Zeitpunkt muss das für euch aber nicht bedeuten, dass ihr die Kundenbeziehung aufgeben solltet. Denn in einer langjährigen Firmenhistorie ist es normal, dass sich Unternehmen neu ausrichten und verändert am Markt auftreten.

Misslingen jedoch die Rettungsversuche, spitzt sich die finanzielle Notlage in der Erfolgs- beziehungsweise Ertragskrise zu. Die Umsatzrendite sinkt, die Liquidität verschlechtert sich und Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten nehmen zu. Solltet ihr diese Situation in einer Kundenbeziehung feststellen, dann wird es ernst. Denn nun dürft ihr nach dem gültigen Insolvenzrecht nicht mehr davon ausgehen, dass der Kunde euch problemlos bezahlen kann. Kommt es tatsächlich zu Zahlungsverzögerungen, dann hat das Unternehmen die letzte Stufe vor der Insolvenz erreicht. Dieser Übergang von der Ertragskrise zur Liquiditätskrise ist dramatisch, wird aber von Firmen häufig kaum kommuniziert.
Die akute Liquiditätskrise kann sich eine Weile hinziehen. Es wird versucht, Finanzlöcher zu stopfen, indem man andere aufreißt.

Wenn ihr in einer solchen Situation seid, geht es darum, dass die Zahlungsbedingungen angepasst und nach Möglichkeit auf „Bargeschäfte“ umgestellt werden sollten. Gleichzeitig solltet ihr prüfen, ob gegebenenfalls ein erster Schaden der beste ist und ihr nicht besser von eurer Seite aus den Verträgen aussteigt. Bei den allermeisten von euch ist eine solche Kündigungsmöglichkeit in den Vertragsbedingungen oder den AGB enthalten. Und allen anderen ist zu empfehlen, ihre Vertragsvordrucke entsprechend anzupassen.

Es ist übrigens ein Irrglaube, dass die Geschäftsleitung immer zuerst merkt, wenn das Unternehmen auf eine ernste Krise zusteuert. Sprecht lieber einmal mit den Mitarbeitern aus der IT oder vor allem aus dem Vertrieb. Diese Mitarbeiter im direkten Kontakt mit Kunden oder Lieferanten können häufig als Erste eine sich anbahnende Krise erkennen. Und gerade diese Mitarbeiter sind ja in vielen Fällen eure Ansprechpartner.

Probiert es einfach einmal aus….

Sprecht doch einfach einmal mit eurem Kunden über deren Entwicklung. Gerade im volatilen Umfeld signalisiert ihr damit Interesse an eurem Kunden und könnt bestenfalls weitere Leistungen anbieten. Oder auch frühzeitig mitbekommen, dass sich beim Kunden eine Krise anbahnt. Je eher ihr handeln könnt, desto besser. Und bei Fragen oder Anregungen sprecht uns gerne an.

Ihr habt ein Thema, das wir gerne einmal für euch aufgreifen sollen? Dann schickt uns bitte ebenfalls eine kurze Mail.

Über den Autor

Heinz Faessen ist Inhaber der pro3 innovation consult und begleitet seit mehr als 25 Jahren Unternehmer und Existenzgründer. Vor seiner eigenen Selbständigkeit war Heinz als kaufmännischer Leiter bei comTeam, als Leiter der Betriebswirtschaftlichen Mitgliederberatung einer CE-Verbundgruppe und als Firmenkundenberater in der Sparkassenorganisation tätig. Bei comTeam schreibt er regelmäßig zu Fragen rund um die Unternehmenssteuerung und zur Betriebswirtschaft.

Heinz Faessen ist Inhaber der pro3 innovation consult und begleitet seit mehr als 25 Jahren Unternehmer und Existenzgründer. Vor seiner eigenen Selbständigkeit war Heinz als kaufmännischer Leiter bei comTeam, als Leiter der Betriebswirtschaftlichen Mitgliederberatung einer CE-Verbundgruppe und als Firmenkundenberater in der Sparkassenorganisation tätig. Bei comTeam schreibt er regelmäßig zu Fragen rund um die Unternehmenssteuerung und zur Betriebswirtschaft.

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